Ausstellung KWS Art Lounge NEWCOMER | 2017

No Feardrop – Interview Nina Dunkmann mit der Künstlerin Julia Arztmann

Nina Dunkmann (ND): Warum heißt die Ausstellung No Feardrop?
Julia Arztmann (JA): Es ist einerseits dieses Wortspiel No Feardrop anstelle von „No Teardrop“, also keine Träne, kein Tropfen Furcht. Ausgegangen bin ich von diesem Objekt (vgl. S. 19), das im Grunde den Titel als Symbol materialisiert. Um die Arbeit herum entspinnt sich dann eine Geschichte zusammen mit den anderen textilen Skulpturen und den Foto- und Videoarbeiten. Ich verstehe dieses Objekt als eine Keimzelle für die Ausstellung.
ND: Heißt das für dich loslassen? Ohne Angst durchs Leben gehen und auch ohne Angst Kunst machen?
JA: Genau. Und auch nicht versuchen, eine Rolle zu spielen, sondern irgendwie sein Ding zu machen. Das ist wie ein Motto, was an mir kleben geblieben ist. Das finde ich ganz schön – als Motto für jeden vielleicht. Gerade in der heutigen Zeit, wo alles so auf Angst basiert und das Bedürfnis nach Sicherheit immer stärker wird. Gerade da finde ich es ganz gut, so einen Kontrapunkt zu setzen.
ND: Deine Arbeiten entstehen oft aus einem spontanen Impuls, kannst du das näher beschreiben?
JA: Manchmal sind es Gefühle, die man hat, wenn man zum Beispiel Ärger hat oder sich unter Druck gesetzt fühlt, oder wenn du die Nachrichten anmachst – dieses Gefühl der Bedrängnis. So kam das dann auch, dass ich dachte die ganze Welt ist verrückt geworden und dann kommen auf einmal so Arbeiten wie der Sicherheitsgurt (vgl. S. 18) raus. Du hast das Gefühl, irgendjemand dreht dir da die ganzen Schrauben rein. Das sind die Sachen, die relativ spontan entstehen.
ND: Ich finde bei dem Sicherheitsgurt ist es auch so ein typisch menschliches Verhalten, etwas Zeitgemäßes, dass man sich total einengt. Vielleicht auch auf eine unangenehme Weise aus einem Sicherheitsbedürfnis heraus…
JA: Und da sind ja dann auch diese ganzen Konventionen, die einem vorgelebt werden. Ich glaube das sind Arbeiten, mit denen sich Leute identifizieren können. Man muss das gar nicht groß erklären. Ich glaube man kann sich in die Arbeiten reinfühlen, physisch.
ND: Geht es in deinen Arbeiten auch um Gegensätze, die sich begegnen und die Frage von Stofflichkeit?
JA: Ich finde es interessant mit Weichem und Hartem zu arbeiten. Kontraste zu erzeugen, wie bei Anlage (vgl. S. 7). Das Weiche ist fast surreal, scheint nicht aus unserer Welt zu stammen und dann gibt es Fundstücke, hier in der Form von Gläsern, die dann wieder eine Brücke schlagen zur Realität, weil man diese Gegenstände aus dem Alltag kennt. Auch das Transparente und Nicht-Transparente finde ich spannend.
ND: Inspirieren dich manchmal vorgefundene Materialien?
JA: Da gibt es z.B. a night to remember (vgl. S. 15), das dann eher aus der Situation entsteht, dass man ein irritierendes Material gefunden hat und dann denkt: Was ist das denn? Was kann das sein? Was kann das nicht sein? Meistens wird es dann das, was es eigentlich nicht sein kann.
Der Betrachter darf an seinen eigenen Erfahrungsschatz anknüpfen. Das ist gerade das Schöne, dass man in die Arbeiten viel reinprojizieren kann, was man vielleicht schonmal irgendwo gesehen hat. Geschichten von Anderen weiter verarbeiten ist für mich etwas Persönliches. Es gibt aber auch Geschichten, die ich für andere Leute erzähle oder auch über andere Leute.

Kunst-Dokumentation Julia Arztmann

 

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